Dienstag, 8. September 2009

Tiergartenfuchs

Gestern morgen ist mir im Tiergarten ein Fuchs begegnet. Ich lief gerade an der Stelle vorbei, an der Karl Liebknecht nicht erschossen wurde, als er von links meinen geraden Weg kreuzte. Wir schraken beide zusammen und blieben mitten auf dem Parkweg stehen. Er blickte mich an. Ich blickte ihn an. Er senkte leicht den Kopf. Ich auch. Er überprüfte, ob ich zu jagen oder essen sei (nein), und ich ihn, ob er eventuell ein Capuccino mit einem süßen Brötchen war (auch nicht). Bei seiner zweiten Musterung schaute er, ob ich ein gefährlicher Jäger im grünen Rock mit einer großen Flinte sein könnte. Ich wiederum prüfte, ob er nicht ein übergewichtiger Perverser mit strähnigem Haar und einem Teppichmesser in der Hintertasche seiner billigen Jeans war. Nachdem wir uns beide auf diese Weise versichert hatten, daß wir gegenseitig weder Beute noch Gefahr waren, wandte er sich ab und lief, ohne jede Hast, in das Gebüsch zur Seite weg, in jener elastischen Eleganz und Würde, die unter anderem den Fuchs vom Hund trennt. Ich stolperte schwitzend geradeaus weiter.

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