Freitag, 11. September 2009

i-Mützen

Vor einer Woche liefen hier überall kleine Wesen mit gelben Mützen durch die Stadt. Das war nicht die Invasion vom Gelbmützenplaneten, sondern Einschulung. Ich finde es rührend, daß es immer noch, wie ganz früher, diese gelben Einschulungsmützen gibt. Meine eigene Mütze habe ich leider verloren, schon seit langem. Vielleicht kann mir jemand da draußen im Internet helfen? Ich suche eine Kappe mit Schirm, sie ist eher orange als gelb und vorne drauf ist ein grünes Logo der Deutschen Verkehrswacht. Mein Name ist innen auf dem unteren Mützenrand mit Kugelschreiber geschrieben, das mußten am ersten Tag alle Mütter machen. In der ersten Woche bin ich immer mit dieser Mütze in die Schule gegangen. Dann stellte ich allerdings fest, daß ich der Einzige war, der sie noch trug. Es war offenbar uncool geworden. Und obwohl ich nicht wußte, was uncool überhaupt ist, geschweige jemals das Wort gehört hatte, weigerte ich mich fortan, die gelbe Mütze aufzusetzen. Nach einigen Diskussionen durfte ich mützenfrei in die Schule. Anschließen verliert sich dann langsam die Spur meiner gelben Mütze mit meinem Namen im Mützeninnenrand.
Jetzt habe ich einmal nachgeschaut, woher das Wort i-Männchen kommt. Es ist so, daß man früher als ersten Buchstaben das „i“ gelernt hat. Das wurde dann in Fibeln illustriert mit einem kleinen Jungen, der eine Tafel mit einem „i“ hochgehalten hat. Das ist das i-Männchen. Das stimmt auch mit dem i, und ich kann mich sogar noch an den zweiten Buchstaben erinnern, das war das „u“. Nachdem wir i und u durchgenommen hatten, schritt Frau Gerling zum ersten Diktat meines Lebens, das ich tatsächlich noch vollständig wiedergeben kann: i u ui. Diese recht überschaubare Herausforderung meisterte ich mit 0 Fehlern. Da ich „0 Fehler“ noch nicht lesen konnte, malte Frau Gerling unter das Diktat ein lächelndes Gesicht. Andreas Hoppe neben mir hatte allerdings einen Fehler und deshalb ein ernstes Gesicht von Frau Gerling. Es sollte nicht das letzte ernste Gesicht sein, dem Andreas Hoppe auf seinem Weg begegnete. Das ist allerdings kein Grund, sich hochnäsig als 0-Fehler-i-u-ui-Streber über andere zu erheben. Andreas Hoppe machte einen anständigen Realschulabschluß und ging dann ins Türengewerbe. Heute ist er der Türenmagnat von Westdeutschland und dürfte 10mal, nein, 50mal reicher sein als ich. Wir ahnten damals beide nicht, daß sich an jenem Tag unser Weg gabelt: 0 Fehler – armer Streber, 1 Fehler – Türenkönig (Er heißt natürlich nicht Andreas Hoppe. Wenn jemand eine i-Männchen-Mütze findet, in der „Andreas Hoppe, 1a“ im Innenrand steht, ja, dann wäre ich echt verblüfft. Oder es ist eine Fälschung).
Der Begriff i-Männchen stirbt heute aus, da es politically wegen der Damen nicht korrekt ist. Obwohl es ja i-Mädchen geben könnte (nicht: iih-Mädchen), zusammengefaßt hieße das dann: i-Männchen und –Mädchen. Das wäre ein ganz guter Name für eine Gothic-Punk-Band. Was ich jetzt allerdings nicht weiß: lernen die i-Männchen und –Mädchen heute noch immer zu allererst das i oder wie läuft das jetzt? Und, verdammt noch mal, wo ist meine gelbe Mütze?

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