Später fiel mir dann auch auf, daß das alles ziemlicher kitschiger
und kindischer Mist war. Ich beschloß, kein Selbstmörder mehr sein zu wollen.
Sollten sich die anderen dann eben weiter nicht vergiften und nicht aus dem 12.
Stock springen.
Eine eigenartige Lücke war Unterm Rad, obwohl das Sujet mir eigentlich
hätte zusagen müssen. Ein intelligenter und sensibler Knabe (ich! Ich! ICH!)
zerbricht an der ignoranten Umgebung. Aber das Hessezeitalter war dann
schließlich auch vorbei. Kafka blieb übrig und die Welt weiter unverständlich.
In diesen Tagen habe ich es dann gelesen. Es ist eher ein
Kleinroman, mit knapp über 160 Seiten. Hans Giebenrath wächst im Schwarzwald
auf, kommt in die Klosterschule Maulbronn und dort nicht klar, kehrt zurück,
tauscht mit Emma ein paar Küßchen aus und beginnt eine Mechanikerlehre. Mit
einigen Gesellen geht er trinken und ertrinkt auf dem Rückweg im Fluß. Nicht klar
wird, ob es Selbstmord war oder er einfach besoffen war.
1983 gedruckt, 2013 bei ZVAB bestellt, 2013 gelesen: So geht Rad heute |
Nun ja. Das Buch umgeht zwar den (wohl späteren
Schaffensphasen zugehörigen) Hesse-Kitsch, aber es ist irgendwie
unentschlossen. Dem Hans Giebenrath geht es eigentlich auch gar nicht so
schlecht. Die Klosterschule Maulbronn ist zwar kein Ponyhof, aber auch nicht so
arg. Kraß allerdings dort der Lehrplan: Latein, Altgriechisch, Hebräisch, Mathematik,
Religion. Von Sozialkunde und der Friedens-AG hatten die dort noch nie gehört. Der
ganze Roman ist unentschlossen. Die Personen sind typisierend, aber niemand ist
richtig böse oder richtig gut. Alles ist dazwischen und in normaler
Zimmertemperatur.
Unterm Rad ist nicht besonders gut gealtert. Wem es einmal
gut gefallen hat, der möge es im Bücherschrank stehen lassen.
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